Hinweise für Radioonkologen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die nachfolgenden Hinweise sollen Ihnen Argumente liefern für eine mögliche interdisziplinäre Diskussion der Daten und Hilfestellung geben für Beratungen von Patienten.
Methodik
- Systematische Analyse von Prospektiven Behandlungsserien, größte Datenbasis der Literatur.
- Keine randomisierten Daten!
- Berücksichtigung nur von bestimmten Studien (klinisches Stadium verfügbar, Fallzahl ≥100 (50) pro Prognosegruppe, Endpunkt PSA‐Rezidivfreiheit, Follow‐up ≥5 Jahre). Das ist gut nachvollziehbar und vernünftig, weil sonst kein sinnvoller Vergleich möglich wäre. Vergleich cT‐ versus pT‐Kategorie entfällt dadurch. PSA‐Rezidivfreiehit ist guter Endpunkt, da andere Variablen (v.a. Overall survival) stark durch Komorbidität beeinflusst werden, was zu Verzerrungen zwischen OP und RT führen würde.
- Die Auswertung mittels Wichtung der Studien ist grundsätzlich in Ordnung und auch von Statistikern (Rücksprache mit Studienzentrum in Lübekc) als sinnvolles Analyseverfahren anerkannt.
- Lediglich deskriptive Analyse. Statistische Tests (z.B. Vergleich OP versus Brachytherapie) wurden nicht durchgeführt. Diese wären vermutlich aber auch sehr angreifbar gewesen. Schlussfolgerungen müssen dadurch allerdings auch zurückhaltend gezogen werden. Die Studie kann also schon rein methodisch keinen Beweis liefern, dass ein bestimmtes Verfahren besser oder schlechter ist als ein anderes oder die anderen.
- OP + postop. RT wurde nicht analysiert
Ergebnisse
- Wichtig: OP ist nicht die beste Therapie. Diese Botschaft ist das Wesentliche! User Ziel ist daher: alle Patienten müssen über Strahlentherapie kompetent (durch einen Facharzt für Radioonkologie) informiert werden.
- Diese Botschaft ist so wichtig, dass sie gegenüber möglichen Nachteilen der Studie für das Fach (Konkurrenz der Strahlentherapi-Verfahren untereinander) eindeutig überwiegt. Aktuell kommt es wegen der "aggressiven" Vermarktung der Prostatektomie vor allem darauf an, die Patienten prätherapeutisch zur Beratung in die radioonkologischen Sprechstunden zu holen. Ferner liefert die Studie Argumente für den Erhalt des hohen Stellenwertes der Radioonkologie in den Prostata-Zentren (die Urologen wollen zukünftig alleiniger Hauptkooperationspartner sein und die Strahlentherapie als Nebenfach wie z.B. Hämatologie einstufen lassen).
- Für die Anhänger der alleinigen externen RT: der Dosis-Effekt der externen RT wurde nicht berücksichtigt, da alle Studien mit Dosis >70Gy eingeschlossen wurden. Vorteile von höheren Dosen konnten also nicht analysiert werden. Dafür spricht die große Schwankungsbreite (Ellipse) bei den EBRT-Daten. Es wurde also EBRT >70Gy mit anderen Verfahren verglichen. Die Studie beantwortet nicht die Frage, ob ein Unterschied besteht zwischen Brachytherapie-Verfahren und optimaler moderner EBRT mit höheren Dosen.